Was ich an Discountern hasse

Roberts Kolumne am 19. Oktober 2008

Gestern, ausgerechnet auch noch ein Samstag, war wieder einer dieser verdammten Tage, an dem ich mich beim Einkaufen diese Frage frage: Was ist an Geschäften, Läden, Märkten so schlimm, dass jeder Deutsche stets bemüht ist, sie so schnell wie möglich wieder verlassen zu können? Bist du noch beim Einkaufen oder schon auf der Flucht?

Kaum stehen nur zwei Leute in der Schlange, wird die Kassierein angepflaumt, können sie nicht ne andere Kasse aufmachen?! Ein Tag hat 1440 Minuten, d. h. fünf Minuten Kassenschlange sind, oh Gott, rund 3‰ eines Tages, um die die Aufnahme eben dieser in Alkohol verzögert wird. Wenn das keinen Notstand rechtfertigt?! Und das alles nur wegen fünf Minuten …

Einige Märkte setzen dem eine Kundenbeschäftigungstherapie entgegen: Kurze Kassenschichten sorgen für stetige Bewegung im „Kassenbereich“, inklusive des „Kassenhoppings“, obwohl doch klar ist, dass es an der eigenen Kasse immer am längsten dauert. Es wäre mal interessant, was passiert, stellten sich alle Einkäufer im vollen Bewusstsein dieses Theorems an …

Aber das beste ist immer noch, auf den vorher aus allen Rohren schimpfenden Spatz am Zahltag die Kanone zu richten, spricht die Ware mit Überschallgeschwindigkeit über den Scanner zu ziehen – erst kommt die Ware und dann der Piep der Kasse. Natürlich befindet sich hinter dem Scanner kein Platz zur Ablage, weshalb der bereits mit gezücktem Portmonee bewaffnete Kunde wieder einstecken und dann einpacken muss. Und auch hier trainiert die forsche Jugend für Olympia, weil natürlich die Kassiererin zuerst fertig wird und den Kunden jetzt vorwurfsvoll anschaut: Kohle her und räum hier auf, da warten schonn die nächsten!

Wenn der Deutsche sich beim Alltagsgeschäft so wenig, ja eigentlich gar keine Zeit nimmt, verwundert es dann, dass er zur Entspannung (!) bevorzugt sonntags Einkaufen möchte? Oder ist er auch am verkaufsoffenen Sonntag so drauf? Da sich diese Tage meist durch Prachtwetter auszeichnen, heißt es für mich dann doch eher ganz raus in die Natur. Auf dem Bike gibt es keine Staus, keine Hektik, keine Termine, keine Kompromisse – und danach kein anderes Bier als ein frisch gezapftes Weizen für mich und meine Freunde, bittschö.

Die Engländer aber sollen uns in dieser Hinsicht mal wieder voraus sein. „Wieder“ deshalb, weil dort die Bahnen wieder verstaatlicht werden, die Banken ein bisschen mehr pleite sind und der Überwachungsstaat ausgebauter. Typisch britisch stellt man sich dort im Supermarkt brav in der Kassenschlange an, es gibt keine Hektik und zur Belohnung packt einem die Kassiererin sogar den kompletten Einkauf ein.

Aber für so etwas haben wir in Deutschland ja nun einmal keine Zeit – noch nicht einmal im Urlaub.

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