Roberts Kolumne am 10. September 2008 um 20:30 Uhr
Jaja, ich sehe schon die Leute, die fragen, „Hässlicher als Kassel? Wie, geht das?“, aber seit gestern weiß ich, dass dem so ist. Fußgängerunterführungen sind nicht nur ein Relikt aus der guten alten Zeit, als Städte noch autofreundlich gebaut wurden, die Straßenbahnen aus dem Stadtbild und die Fußgänger unter die Erde verschwanden, nein, diese Unterführungen sind auch nicht gerade die Glanzstücke einer Stadt. Wenn das Erscheinungsbild einer solchen Fußgängerunterführung etwas über die Stadt aussagen sollte, könnte man folgende Schlüsse ziehen:
Kassel ist als ehemalige Zonenrandstadt mit nun osttauglicher Arbeitslosenquote, aber immerhin documenta-Stadt, zwar bemüht, ein bisschen Stil zu waren, aber im Grunde verranzt. „Zu Vermieten“, auf niederländisch „To Verhur“, prangt nicht nur an vielen Büro- und Schaufenstern, nein sogar die Läden in den zentralen Unterführungen tragen dieses Emblem. Zu später Stunde, wenn es oben genauso dunkel wie im Untergrund geworden ist, solle man sich dort besser nicht aufhalten, weil das Pflaster trotz der Kühle heiß sei. Ob dem so war, lässt sich im Nachhinein nicht sagen, schließlich gibt es kaum noch begehbare Unterführungen in der Fulda-Stadt. Aber unwohl fühlt man sich in den noch existierenden durchaus.
Die Residenz- und Kurstadt Wiesbaden, von Mainz aus auch als „Ebsch Seit“ (schlechte, falsche Seite), bezeichnet, offenbart in dieser Frage ein ganz anderes Ich: Die Unterführung am Hauptbahnhof soll zwar durch Glasbausteine an der Wand schwach beleuchtet werden, ist aber trotzdem selbst tagsüber alles andere als angenehm beleuchtet. Das künstlerisch schwache Dauergraffiti die komplette Wand entlang sorgt so schon für einen schmuddeligen Eindruck und man ist froh, dem Untergrund wieder zu entkommen. Mir scheint, dass die sich noch nicht einmal Mühe geben, diese Unterführung ist in der Tat hässlicher als das, was man aus der Nordhessenmetropole kennt.
Wobei: So hässlich ist Kassel nun auch wieder nicht.
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